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Kleingeräte landen im Hausmüll, größere oft im Keller

Kleine Unternehmen werden durch die Vorschriften zur Verwertung ausgedienter Elektrogeräte über Gebühr belastet. Verwertungsquoten verteuern das Recycling. (Von Georg Küffner)

Die Ulmer Phocos AG entwickelt und baut Photovoltaikanlagen. Nicht solche, die - weil üppig bezuschusst - massenhaft auf Deutschlands Dächern installiert werden. Sondern netzunabhängige Systeme, wie sie auf Schweizer Almhütten, vor allem aber in den sonnenreichen Regionen Afrikas und Asiens für den Betrieb von Lampen und Kühlgeräten eingesetzt werden. Das Unternehmen ist damit nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG), das seit März 2006 in Kraft ist und die Handhabe mit ausgedienten Rasierapparaten und Waschmaschinen regelt, ein sogenannter Inverkehrbringer. Nach der Idee der Produktverantwortung muss er seine Gerätschaften nach deren Ableben zurücknehmen und einer "geordneten" Wiederverwendung zuführen. Die Geräte müssen recycelt werden, wenn nicht ganz, so zumindest in Teilen.

Da das Gesetz zwischen fest installierten Geräten und beweglichen Komponenten unterscheidet und nur die zweite Gruppe den durch das ElektoG geregelten Weg in die Wiederverwertung antreten muss, hat das Unternehmen Glück. Dachte man dort zumindest. Denn nur um die gemeinsam mit den Solaranlagen verkauften (Niederspannungs-)Gasentladungslampen und um die ebenfalls angebotenen Gleichstrom-Kühlschränke musste man sich kümmern: Man meldet die abgesetzten Mengen einer zentralen Erfassungsstelle, von der man dann Abhol- und Verwertungsaufforderungen zugeschickt bekommt. Im Fall der Phocos AG sah das so aus, dass das Unternehmen im Jahr 2007 insgesamt 34 Entsorgungsaufträge für ausgediente Kühlschränke mit einem Gesamtgewicht von 91 Tonnen zugeschickt bekam, obwohl es in dem besagten Zeitraum lediglich 53 Geräte (mit einem Gewicht von rund zwei Tonnen) verkauft hatte. Alle Versuche, sich gegen diese unverhältnismäßige Belastung (das Entsorgen der ihm zugeteilten Altkühlschränke kostete 27 000 Euro) zur Wehr zu setzen, scheiterten. Das Unternehmen wusste sich nicht anders zu helfen und stellte den Verkauf der Kühlschränke ein. Ähnlich ist es zahlreichen anderen, vor allem mittelständischen Herstellern ergangen. Weit über hundert Klagen sind beim zuständigen Verwaltungsgericht Ansbach anhängig. So klagt etwa auch ein Hersteller von Pumpen für Zimmer- und Gartenbrunnen, der Geräte mit einem Gesamtgewicht von 0,3 Tonnen unter die Leute brachte und rund acht Tonnen Altgeräte zurücknehmen musste.

Wer diese Merkwürdigkeiten entschlüsseln will, der muss das Funktionieren des gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des ElekroG ins Leben gerufenen "schlanken" Rücknahmesystems verstehen: Zuständig ist in Deutschland die Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) in Fürth. Dieser Stelle melden die Hersteller über ein rechnergesteuertes Erfassungssystem ihre Mengen, ein offenbar nicht ganz einfacher Prozess. Denn wie der "Entsorgungsexperte" der Phocos AG, Hinrich Schaer, sagt, richte er seinen Urlaub danach, um stets selbst "diese grausame Arbeit" zu erledigen. Ein dem System zugrunde liegender Algorithmus übernimmt dann die Zuteilung. Er klärt also die Frage, welches der beim EAR registrierten Unternehmen den nächsten vollen Behälter, der bei einer der 1500 übers Land verteilten Sammelstellen steht, abholen muss. Das macht der "Ausgedeutete" aber nicht selbst, sondern er beauftragt ein Entsorgungsunternehmen.

Dass kleine und mittelgroße Hersteller unverhältnismäßig stark belastet werden, hat mehrere Gründe. So scheint das Rechenmodell verbesserungsbedürftig, auch die Datenbasis ist nicht optimal. Kleine Unternehmen melden nämlich nach einer Art vorauseilendem Gehorsam größere Mengen, als sie tatsächlich absetzen. Gravierendere Auswirkungen haben "vergessene" Meldungen größerer Inverkehrbringer. Hier kann man sicherlich nachbessern. Doch ob je eine belastbare Datenbasis zustande kommt, scheint auch deshalb schwierig, weil gerade die großen Unternehmen fürchten, dass eine detaillierte Bestandsaufnahme das Ausrechnen ihrer Marktanteile ermöglicht. Sie sind an einer vollständigen Transparenz gar nicht interessiert. Es spricht demnach einiges dafür, dass sich auf absehbare Zeit gerade für Kleinunternehmen wenig ändern wird: Sie werden weiter getröstet, dass ihnen zugeteilte unverhältnismäßig große Rücknahmemengen sie auf längere Sicht vor weiteren "Belästigungen" befreiten. Doch das nützte einigen nur wenig, sie haben längst aufgesteckt.

Und was bringt das System? Im Vergleich zu den Gegebenheiten vor dem ElektoG scheint sich die Situation (mengenbezogen) nur wenig verbessert zu haben. Noch immer wird deutlich weniger Elektro- und Elektronikschrott bei den Erfassungsstellen abgeliefert, als anfällt. Genaue Zahlen fehlen. Man rechnet damit, dass heute je Bundesbürger zwischen 5 und 5,5 Kilogramm bei den Sammelstellen abgeliefert werden, bei einem jährlichen Anfall an ausgedienten Computern, Waschmaschinen und Haartrocknern von rund 15 Kilogramm. In den Kellern und Abstellkammern werden demnach die Elektronikschrottberge immer höher. Und noch schlimmer ist, wie Forscher der Universität der Vereinten Nationen (UNU) mit Sitz in Bonn Ende vergangenen Jahres verkündet haben, dass fast alle Kleingeräte wie Kaffeemaschinen und Walkmen im Restmüll landen. Mittelgroße Geräte werden in weniger als der Hälfte der Fälle abgegeben, auch nicht alle Großgeräte finden den Weg zum Verwerter. Ein Viertel der nicht mehr gefragten Spülmaschinen und Wäschetrockner bleibt in den Haushalten stehen.

Und was geschieht mit der eingesammelten Altware? Nach den Vorgaben des Gesetzes sollen deren Materialien möglichst umfassend nach Sorten getrennt und für die Produktion neuer Geräte eingesetzt werden. Dazu hat man in das ElektroG Mengenvorgaben geschrieben, die, bezogen auf das Gewicht der Geräte, einzuhalten sind. So müssen bei einigen Geräten bis zu 80 Prozent recycelt werden, was zwar technisch machbar ist, aber Kosten zur Folge hat, die bis zu 50 Prozent des Geräte-Neupreises betragen können.

Aufwendig ist das Sortieren nach Werkstoffarten speziell dann, wenn die Geräte auf den Recyclinghöfen wild durcheinandergeworfen werden oder von den Transportunternehmen bei den Verwertungsbetrieben einfach auf den Hof gekippt werden. Deutlich sorgfältiger fällt die Handhabe mit weißer Ware aus, deren Verwertung sich die Kommunen (immer für ein Jahr) reservieren lassen können. Von dieser Möglichkeit machen sie in nennenswertem Umfang Gebrauch, locken doch die hohen Preise, die heute für Gebrauchtstahl bezahlt werden. So bringt es eine alte Waschmaschine auf einen Altmetallwert von rund 15 Euro - Motivation genug, sich um eine sortenreine Entsorgung zu kümmern.

Diese Rosinenpickerei, die auch bei kupfer- und indiumhaltige Gerätschaften stattfindet, zeigt, dass die Wiederverwertung auch ohne bürokratische Prozesse auslösende Gesetze funktioniert. Verwertungsquoten wären zum Schutz der Umwelt nicht notwendig. Grenzwerte für die beim Herauslösen der Wertstoffe abgegebenen Schadstoffmengen würden genügen.

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